Halz Maul Und Spiel
Ein Stück Selbstverwirklichung.
Jeroen Brüggemann und Sebastian Krüger von der Band "Halz Maul und Spiel" über ihren Erfolg beim Kika-Schülerband-Wettbewerb, Bandanfänge, Konzerte, Punk-Musik und die Kollegen von Tokio Hotel
(23.11.2005)
Jeroen und Sebastian, im Oktober/ November 2005 veranstaltete der Kinderkanal die Aktion "K.I.K.A LIVE sucht die beste Schülerband" aus der eure Band am Ende als Sieger hervorging. Wie habt ihr von dem Wettbewerb erfahren?
Brüggemann: Unser Musiklehrer Peter Schauss, von uns nur "Papierkrambändiger" genannt", hat über seine Tochter erfahren, dass der K.I.K.A die beste Schülerband Deutschlands sucht, wir haben uns dann beworben und so hat alles seinen Lauf genommen.
Hattet ihr im Vorfeld irgendwelche Erwartungen?
Krüger: Insgeheim haben wir natürlich gehofft zu gewinnen, weil ohne diesen Wunsch bräuchte man ja gar nicht in so einen Wettbewerb gehen. Das war ja auch was völlig neues für uns in einem Fernsehstudio zu spielen, mit vielen Kameras und einer bunten Kulisse. Insofern waren wir eigentlich so überwältigt, dass wir in erster Linie froh waren überhaupt dabei zu sein. Die Atmosphäre war beim Sender auch ziemlich locker und das hat schon verdammt Spaß gemacht.
Worin unterscheidet sich denn ein TV- Auftritt von einem Club- Gig oder einem Festivalkonzert?
Krüger: (lacht) Auf Konzerten darf man die Songs zu Ende spielen!
Brüggemann: Ich habe das Gefühl dass im Fernsehen das Bild irgendwie wichtiger ist als der Ton. Als wir beim K.I.K.A auftreten sollten wurde beispielsweise der große schwarze Bassverstärker von der Bühne geräumt, weil er scheinbar nicht ins Bild passte. Zum Bass spielen braucht man aber einen Bassverstärker, und das haben die am Anfang irgendwie nicht eingesehen. Außerdem hast du im TV- Studio keine Leute die vor der Bühne rumhüpfen und abgehen, sondern nur das sitzende Studiopublikum. Dementsprechend haben wir dann auch eine ruhigere Version des Siegersongs "Immer" vorgetragen.
Der Siegersong "Immer" eignet sich also eher für die Bühne als für das Fernsehstudio…
Krüger: Das kann man so nicht sagen! "Immer" ist ja ein wahnsinnig vielseitiger Song. Es gibt viele Reggaeparts und gleichzeitig auch viele Parts, die einfach laut und schnell sind. Wir haben mittlerweile zwei Versionen- die eine eignet sich eher für schöne Punk- Festivals und die andere für ein sitzendes Publikum, so wie beim K.I.K.A.
In der Finalshow im November 2005 saßen Jeanette Biedermann und Ex- "No Angel" Lucy in der Jury. Wenn man aber eure Steckbriefe ansieht findet man "Lieblingsbands" wie Blink 182, Green Day und Die Ärzte. Wart ihr mit der Jurybesetzung zufrieden?
Brüggemann: Die haben sich eigentlich alle sehr neutral verhalten und eher der Stilrichtung entsprechend gewertet, aber es fiel halt kein schlechtes Wort über die Finalbands. Von daher war das eher so ‚ne Art Promijury, also dass man sagen kann: "Da saßen ja auch Jeanette Biedermann und Lucy in der Jury!".
Krüger: (lacht) Das bringt gute Einschaltquoten!
Wie wichtig war euch denn deren Meinung?
Brüggemann: (lacht) Ich hätte auch gerne Jeanette Biedermann als Preis mit nach Hause genommen! Das habe ich ja auch schon in der Finalshow gesagt. Aber ehrlich gesagt war mir die Meinung der Promis jetzt nicht so wichtig.
Krüger: Ich habe auf einem "Green Day"- Konzert mal Billy Joe berühren können, weil der sich neben mich ins Publikum geschmissen hat, aber dass ich dann Jeanette Biedermann die Hand schütteln durfte, hat natürlich alles getoppt!
Sebastian, du gibt in deinem Steckbrief auf
www.hmus.de unter "Enemies" Casting Shows an. Was stört dich an diesen Formaten?
Krüger: Diese Shows sind meiner Meinung nach eine große Verarsche, zum einen für die Zuschauer zu Hause, aber auch für die Kandidaten, die an dieser Show teilnehmen. Die träumen irgendwie vom ganz großen Ruhm, doch mittlerweile läuft die dritte Staffel von "Deutschland sucht den Superstar" und von den Sängern aus der zweiten Staffel hört man schon gar nichts mehr. Das alles hat für mich relativ wenig mit Musik zu tun. Ich habe neulich mal eine Folge von "DSDS" gesehen und da haben sich wohl zwei Kandidaten in einander verliebt und jetzt tingeln die beiden durch alle Mittagsmagazine. Das alles scheint wohl wichtiger zu sein als qualitativ gute Musik zu machen. Das finde ich ziemlich traurig!
Inwiefern hat sich denn der KIKA- Wettbewerb von Castingshows a la "Deutschland sucht den Superstar" oder "Popstars" unterschieden?
Brüggemann: Es besteht ja ein gewisser Unterschied zwischen Casting und Coaching. Beim Casting muss halt alles glatt laufen, so nach dem Motto: "Wir bestimmen welche Lieder ihr spielen sollt!", doch in unserem Fall war es so, dass wir mit einem vorhandenen und selbst komponierten Song arbeiten konnten, der dann während der Wettbewerbsphase in Zusammenarbeit mit dem erfahrenen Musikproduzenten Marco Heggen verbessert wurde. Wir hatten viel mehr Freiheiten als die Kandidaten in den anderen Casting-Shows.
Hattet ihr denn teilweise Angst die Show könnte ähnlich ablaufen?
Krüger: Gute Frage! Hatten wir Angst?
Brüggemann: Eigentlich hatten wir da keine Angst, weil erstens handelt es sich beim K.I.K.A ja um öffentlich- rechtliches Fernsehen und zweitens war das auch fürs Kinderfernsehen und insofern auch human gestaltet.
Ist das K.I.K.A- Publikum die Hauptzielgruppe eurer Musik?
Krüger: Nicht wirklich! Also ein bisschen älter dürften sie schon sein. Aber letztendlich muss ich sagen, dass wenn jemand unsere Musik geil findet, ist es mir eigentlich egal wie alt derjenige ist.
Brüggemann: Einige unserer Texte sind eigentlich nicht für zehnjährige Ohren geeignet, aber ich fands trotzdem cool, dass so viele junge Zuschauer auch per E- Mail geschrieben haben. Ohne all die Zuschauer, die so fleißig für uns abgestimmt haben, hätten wir den Wettbewerb ja auch nie gewonnen.
Musstet ihr denn in der Final- Show auch schon Autogramme schreiben?
Krüger: In der Final- Show selber kamen wir gar nicht zum Autogramme schreiben, denn nachdem wir unseren Song noch einmal gespielt hatten, mussten wir ganz schnell abbauen und als wir damit fertig waren, hatten die Kinder das Studio auch schon wieder verlassen. Uns ist das aber in den ersten beiden Shows passiert, als wir nach der Sendung vor dem Studio standen, und da kamen dann auch Mädchen an und wollten Autogramme von uns haben.
Wie war das für euch?
Krüger: Ich kann da nur für mich persönlich sprechen, aber ich fands schon ganz cool! In einigen Situationen kann es natürlich auch nervig sein, aber letztendlich ist es gut für's Selbstbewusstsein und eine gute Motivation um weiterzumachen!
Neben "Halz Maul Und Spiel" waren außerdem die Bands "Rock 4" und "Sommerwind" im Finale vertreten. Wie war euer Verhältnis zueinander?
Brüggemann: "Rock 4" waren in der Hinsicht eigentlich sehr cool, dass die Mutter des Bassisten seit 35 Jahren Berufsmusikerin ist, und da ich, was die Musik angeht, ziemlich technikbegeistert bin, konnte ich mich da sehr gut mit ihr und den Bandmitgliedern austauschen.
Krüger: Das Verhältnis zu beiden Bands war nett und kollegial, und wir haben uns eigentlich nie großartig als Konkurrenten gefühlt, nur "Sommerwind" war irgendwie ein bisschen offener, und mit denen haben wir dann in der Nacht auch Hollys Geburtstag gefeiert.
Inwiefern habt ihr nach dem Sieg die Enttäuschung der anderen Bands mitbekommen?
Brüggemann: Also "Rock 4" waren schon ziemlich entttäuscht, weil die auch fest damit gerechnet hatten zu gewinnen. Das war ja auch ein krasses Ergebnis, weil die nur 26% der Stimmen bekommen haben. "Sommerwind" sind dann aber bei unserem letzte Auftritt auch vor der Bühne rumgesprungen, das war irgendwie entspannter. Die waren natürlich auch ein bisschen enttäuscht, aber irgendwie hat man es denen nicht so angesehen.
Eure Bandgeschichte beginnt im Jahr 2001 am "Gymnasium An der der Stenner", damals noch ohne die beiden Gitarristen "ZippÖr" und "Vitamin-T", dafür mit vielen "Mädchen, die sich vergeblich an der klassischen Gitarre oder Ähnlichem versuchten" (
www.hmus.de). Wie würdet ihr die Atmosphäre der ersten Bandproben beschreiben?
Krüger: Die ersten Treffen fanden in dieser Musik- AG statt, wo wir eigentlich noch keine großartige Rolle gespielt haben. Da ging es eher darum wie rum man jetzt die Gitarre hält. Als wir uns dann so langsam als Band herauskristallisiert hatten brauchten wir noch mal so 1,5 Jahre um zu merken, dass man sich mit Instrumenten trifft um Musik zu machen und nicht nur um zu quatschen und Fußball zu spielen. Wirklich professionell sind wir also erst seit 2 Jahren am Start.
Brüggemann: Daraus ist dann auch der Bandname "Halz Maul Und Spiel" entstanden, weil wir wirklich den ganzen Tag viel dummes Zeug labern! Das ist schon fast ne eigene Bandsprache!
Eine wichtige Rolle im Bandalltag spielt euer Lehrer Peter Schauss, der die Band im Rahmen einer Musik AG gründete und seitdem leitet. Wie würdet ihr euer Verhältnis zu ihm beschreiben?
Brüggemann: Dadurch dass wir bei ihm auch öfters Fußball oder unsere Auftrittsvideos gucken, ist er nicht nur unserer "Papierkrambändiger" und in gewisser Weise auch unserer Lehrer, sondern mittlerweile auch ein guter Freund. Wir dürfen ihn zwar erst nach dem Abi duzen, aber irgendwie ist er so was wie ein fünftes Bandmitglied, nur dass er halt kein Instrument spielt.
Wie reagieren eure Klassenkameraden darauf, dass ihr euch so gut mit einem Lehrer versteht?
Brüggemann: Ach, die haben sich daran gewöhnt! Am Anfang war das immer noch ein bisschen komisch, aber heute kommen da auch keine blöden Sprüche mehr!
Hattet ihr am Anfang auch Bedenken die Band von einem Lehrer leiten zu lassen? Also dass es dann Cola statt Bier bei der Bandprobe gibt…
Krüger: Als ich so vor 2 Jahren meine Möchtegern- Anarcho- Punk Phase hatte, habe ich mich natürlich sofort gegen alle Vorschläge der Lehrer gewehrt, weil is halt ein Lehrer und der denkt nur an sich und so weiter. Ich habe mir damals auch einfach die Haare gefärbt und bin durch die Gegend gelaufen und habe "Anarchie" geschrien, wusste aber gar nicht was das wirklich bedeudet. Mittlerweile habe ich das wieder etwas revidiert, und je weiter wir uns dann als Band weiter entwickelt hatten, um so mehr durften wir dann auch selber bestimmen und entscheiden. Wir sind ihm im Nachhinein für viele Vorschläge auch echt dankbar, weil er schon oft den richtigen Riecher hatte, wie beispielsweise mit dem K.I.K.A- Wettbewerb.
Probt ihr denn noch in der Schule?
Krüger: Ja, aber wir sind mittlerweile in den Partykeller umgezogen und da wird sowieso immer Bier getrunken, also ist das auch während der Bandprobe kein Problem mehr! (lacht)
Euer Lehrer Peter Schauss war es auch, der das Demoband des Songs "Blödmann" verschickte. Wenig später folgte die Einladung zum Burgrock- Festival 2004, bei dem bereits Bands wie die Guano Apes und Rammstein spielten. Was bedeutet euch dieses Festival?
Krüger: Dieses Festival ist immer noch als riesiger Erfolg bei uns im Kopf, auch wenn es gemessen am K.I.K.A- Wettbewerb nur ein kleines winziges Festival war, war es doch unser erster richtiger Erfolg. Wir waren früher als kleine Kinder selber auf diesem Festival und hatten uns immer schon gewünscht einmal selber auf dieser Bühne zu stehen und dann ist dieser Traum Wirklichkeit geworden. Das war schon was ganz besonderes!
Spielt ihr lieber auf Festivals oder in kleinen Clubs?
Krüger: Das kommt immer darauf an! Es gibt Festivals da ist der ganze Platz ist voll und das Publikum ist eine einzige Rückkopplung, weil die alle so kreischen, aber es gibt auch Festivals, da spielst du vor zehn Leuten, die alle zu stoned sind, um zu merken, dass du dich gerade übelst verspielt hast. Genauso kann man eine Superstimmung im Club haben, es kann aber auch total mies ablaufen. Ich würde mal sagen: Hauptsache spielen!
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